Der Beichtstuhlstreit

Das Kirchenjahr neigt sich dem Ende und der  eher Sonderling in christlichen Ansichten  Sternenhimmelstuermer weist darauf hin, dass die letzten Regelungen von 1993 zur Beichte 20 Jahre her sind und es wieder einmal an der  Zeit wäre, über die  Wiedereinführung des Beichtstuhls Gedanken zu machen.

Im Prinzip ist das auch ein wenig die Geschichte der Beichte, die Sie gerne relativ einfach in Wikipedia durchlesen können.

Vielleicht eine kurze Timeline, der letzten Jahrhunderte in Form einer Aufzählung, um die Historie nachvollziehen zu können:

"1529 Im kleinen Kartechismus schreibt Dr. Martin Luther relativ eindeutig über die Beichte (Ziat Wikipedia aus dem o. a. Link):

„Was ist die Beichte?
Die Beichte begreift zwei Stücke in sich: eins, dass man die Sünden bekenne; das andere, dass man die Absolution oder Vergebung vom Beichtiger (regelmäßig: der Pfarrer) empfange als von Gott selbst, und ja nicht daran zweifele, sondern fest glaube, die Sünden seien dadurch vergeben vor Gott im Himmel.
 
Welche Sünden soll man denn beichten?
Vor Gott soll man aller Sünden sich schuldig geben, auch die wir nicht erkennen, wie wir im Vaterunser tun. Aber vor dem Beichtiger (Pfarrer) sollen wir allein die Sünden bekennen, die wir wissen und fühlen im Herzen.“

Wir halten fest: Der Reformator grenzte sich inaltlich und in der Begründung im schwülstigen theoretischen Streit mit der katholischen Kirche von vielen Positionen ab, aber der pragmatische Sternenhimmelstuermer verkürzt das hier auf die Formel: Abgrenzung ja, aber die Beichte als Institution per se bleibt auch im evangelischen Glauben erhalten, ob als Subjekt oder Objekt oder nach nur nach dem hermeneutischen Prinzip tangiert die meisten
durchschnittlichen pragmatischen Gemeindeglieder der Neuzeit von den Begrifflichkeiten her eher weniger...

Dr. Martin Luther beichtete selbst und hat die Instutition der Beichte auch nie abschaffen wollen. Für den Historiker ist vielleicht interessant, dass Dr. Martin Luther lediglich die Zwangsbeichte ablehnte.

1698 Beichtstuhlstreit

Dazu muss man wiederum wissen, dass nach dem Tod von Dr. Martin Luther die Protestanten sich wieder bemüßigt sahen, eine Zwangsbeichte einzuführen (vier Mal pro Jahr) und die Pfarrer als Entlohung (für das Zwangsritual!) einen Beichtpfennig erhielten, was dann schon ein paar 100 Taler zusätzlicher Nebenverdienst für die evangelichen Pfarrer bedeutete.

Bei der Beichte wurde grob gesagt das folgende Beichtgebet aufgesagt:

Allmächtiger Gott, barmherziger Vater,
ich armer, elender, sündiger Mensch
bekenne dir alle meine Sünde und Missetat,
die ich begangen mit Gedanken, Worten und Werken,
womit ich Dich jemals erzürnt und Deine Strafe
zeitlich und ewiglich verdient habe.
Sie sind mir aber alle herzlich leid
und reuen mich sehr,
und ich bitte Dich um Deiner grundlosen Barmherzigkeit
und um des unschuldigen, bitteren Leidens und Sterbens
Deines lieben Sohnes Jesus Christus willen,
Du wollest mir armem sündhaftem Menschen
gnädig und barmherzig sein,
mir alle meine Sünden vergeben
und zu meiner Besserung Deines Geistes Kraft verleihen.
Amen.

 Quelle


 , der Pfarrer vergab die Sünden und damit war es auch schon vorbei. Die Aufzählung der einzelnen Sünden in der Privat- oder Ohrenbeichte fiel unter den Tisch und ein Beichtstuhl war bei dieser allgemeinen Form nicht wirklich von Nöten. Bis zu Goethe hin, der angeblich sagte, dass die Ohrenbeichte den protestantischen Menschen niemals genommen hätte werden dürfen, waren die Protestanten mit dieser Regelung unzufrieden.


Es kam zum sogenannten Berliner Beichtstuhlstreit. Vereinfacht gesagt  konnte  der Pfarrer Schade es nicht mehr mit seinem Gewissen vereinbaren, dass nach der Absolution das heilige Abendmahl gereicht wurde, wobei "unfertige Gemeindemitglieder" dann in Gefahr laufen könnten, ihre Sünden nicht wirklich von Herzen zu bereuen und somit der Hölle preisgegeben zu sein, wenn das Gemeindemitglied dann nicht auch wirklich sein gottloses Leben aufgibt. Da er dann selbst als Pfarrer die Schuld daran trägt wäre auch er dann verdammt. Er ging deshalb lange Zeit zu intensiven einzelnen Beichtverhören über, was ihm niemand wirklich Übel nahm. Das reichte ihm jedoch nicht und er schlug einen anderen Weg ein:

 Im Jahre 1697 schaffte er dann das "Beichthören" ab und ging nun zum Verfahren der "offenen Schuld" über.

Es kam zu einem "Rechtsstreit", bei dem Schades ansehen litt, da ihm vorgeworfen wurde in peinlichen Beichtbefragungen ein 13 und 14 jähriges Mädchen wegen "Lügenhaftigkeit" mit der Rute auf nackte Haut geschlagen zu haben - ein damaliger Sexskandal...
Wahrscheinlich von der damaligen Bildzeitung propagiert, um den Pfarrer moralisch zu brechen? Oder die Wahrheit?

Egal, das Protestantentum bzw. die Gemeinde war gespalten und nachdem der Kurfürst eingeschaltet wurde, gab es nach langen hin und her am 13.Juni 1698 dann schließlich als Kompromisslösung eine Verfügung, die den Beichtzwang aufhebt. Sehr viel schöner, objektiver und eindrucksvoller wird die Geschichte leicht verständlich hier beschrieben, welches der Sternenhimmelstuermer der Einfachheit halber als einzige Quelle für  die Ausführungen aufführt.

Erst 80 Jahre später ist die Verfügung dann schrittweise umgesetzt...

Erst 80 Jahre später ist die Verfügung dann umgesetzt...In anderen deutschen Ländern werden Beichtstühle noch bis ins 19 Jahrhundert als Pflichtbestandteil von Kirchen eingebaut. Die Privatbeichte und der Beichtstuhl ist aber zunehmend auf dem sterbenden Zweig...

Einschub

 Wer sich ein wenig über den Einfluss und Richtungen dieser Zeit von der protestantischen Kirche einlesen will, dem sei dieses PDF empfohlen: Pietismus, religiöses Amt, und soziale Disziplin. Die Drangsal Christoph Matthäus Seidels. Vielleicht kennen ja einige der Leser den amerikanischen Film Footlose, der 1984 und 2011 verfilmt wurde. Dasselbe Motiv wie im PDF wird in diesem Film aufgegriffen.

Der Inhalt des Films grob umschrieben: Eine Gemeinde verbietet Jungen Menschen Tanzen, weil es unchristlich sei und ein zugezogener junger Mensch  rebelliert dagegen ist der Inhalt des Films. Wie dem auch sei: Im PDF geht es dann auch um das erfolgreich umgesetzte Verbot von  Musik, Tanzen und anderen Lustbarkeiten, weil es nicht christlich statthaft sei...

Für Liebhaber des 17. Jahrhunderts ein schöner Einblick...

Außerdem wird die Problematik angesprochen, dass Priester sich weigerten die Absolution zu geben und die Beichte so als Machtmittel aus Sicht des Sternenhimmelstuermers missbrauchten.

Einschubende 



Wie dem auch sei, im Jahre 1993 ist dann der letzte Stand nach Wikipedia:

In den Gliedkirchen der VELKD werden seit 1993 drei Möglichkeiten für die Beichte innerhalb des Hauptgottesdienstes angeboten:

    im Zusammenhang mit der Abendmahlsfeier
    im Eröffnungsteil
    nach der Predigt

jeweils mit einer Zeit der persönlichen Gewissensprüfung, Absolutionsformel, gemeinsam oder durch den Liturgen, mit oder ohne Handauflegung. Daneben steht die freiwillige Praxis der Einzelbeichte, die in der Agende der VELKD geregelt ist, und deren liturgischer oder freier Form ein Gespräch vorangeht. Das Gegenüber des Beichtenden ist der Pfarrer bzw. die Pfarrerin. „Die Kirche beruft (ordiniert) und bevollmächtigt einzelne Christen, die Beichte zu hören und die Absolution zu erteilen“.[7]

Die Einzelbeichte „ist unzweifelhaft ein Ausdruck persönlicher Reife“...

Im Jahre 2013 ist die letzte Regelung zur Einzelbeichte dann 20 Jahre alt und nach Ansicht des Sternenhimmelstuermers ist es dann irgendwo auch in der Zeit darüber nachzudenken, ob man diesen Zustand so belässt oder die Privatbeichte streicht oder allgemeingültige Regelungen erlässt und vielleicht dann auch den Beichtstuhl wieder einführt.

Der Sternenhimmelstuermer, der auch immer auf seiner Seite die Vergebung von  Sünden propagiert, weil dieses ein wichtiger Bestandteil des Christentums und des Weges Jesus Christus (Gehe hinfort und sündige nicht mehr..) sieht, ist in seiner pragmatischen Ansicht für die Etablierung der Ohren-, Privat- bzw. Einzelbeichte, auch gerne im Beichtstuhl, aber dann bitte verbindlich für alle Gemeindemitglieder in fest definierten Ritualen.

Rituale sind ein wichtiger Bestandteil der Kultur und wenn dieses eine stärkere Bindung von Gemeinde zum Pfarrer beinhaltet, so kann der Sternenhimmelstuermer nicht wirklich Gegenargumente aus christlicher Sicht finden. Gegenargumente, auch aus der Geschichte bedingt, entsprangen vielfach der Handhabung und dem Abgrenzungsversuch zu der katholischen Kirche und dem Ablasshandel.Das ist so nicht mehr erforderlich.

Gesündigt wird auch weiterhin werden, aber vielleicht ist ein moralische Stärkung des Überichs in Form der Kirche in einer zunehmend wertefreien Gesellschaft ein gutes und wichtges Zeichen. Das fängt beim Sterbenden an, der vielleicht noch einmal seine Sünden Beichten will, bevor er dann die lange Reise begeht, bis zum Menschen, der einfach Beistand in einem einzelnen Gespräch sucht...In einer weitgehend säkularisierten Gesellschaft sind gemeinsame Rituale wichtig.

Atheisten werden natürlich hunderte von Gegenargumenten finden, dass kann uns Christen aber so ziemlich egal sein. Von daher wünscht sich der Sternenhimmelstuermer  eine hoffentlich zielführende Diskussion in einem neuen Jahrhundert...



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