Über die Rolle der Frau und Gleichberechtigung im Tarot.

Einleitung

Die Geschichte der Frauen war ohne Zweifel in der Antike und im Christentum ein wahres Martyrium. In der Kunst spiegelte sich die Kultur der Gesellschaft. Versuchen Sie einmal eine Ausstellung weiblicher antiker Kunst oder mitteleuropäischer Malerinnen zu finden - Sie werden scheitern. Dieses bedeutet keineswegs, dass Frauen unbegabter wären -es war Ihnen aber der Zugang zu den männlichen Künstlerschulen und Akademien verboten.

Das Frauenbild und das später von Thomas von Aquien wird in Sofies Welt wie folgend zitiert beschrieben: "Du weißt doch ,das Aristoteles die Frau für eine Art unvollkommenen Mann hielt. Er glaubte außerdem, dass die Kinder nur Eigenschaften des Vaters vererbten. Denn die Frau sei passiv und empfangend, der Mann aktiv und formend. Solche Überlegungen stimmten mit der Bibel überein, fand Thomas - wo zum Beispiel steht, die Frau sei aus der Rippe des Mannes geschaffen worden" (Sofies Welt: Seite 221).

Doch in all dieser Finsternis erschienen am Ende des 14 Jahrhunderts ein Geschäftsmann und seine Tochter, die wahrscheinlich damals die 22 großen Arkana (lat. Geheimnis) entscheidend prägten:

Zitat Wikipedia:

"In allen dieser frühen Erwähnungen und noch vorhandenen Produkte (1424/1425 und 1441/1442) ist entweder der Mailänder Herzog Filippo Maria Visconti (1392 - 1447) verwickelt oder dessen Tochter Bianca Maria, die im Winter 1440/1441 zu einem halbjährigen Besuch in Ferrara weilte und anscheinend die Spiel- und Gestaltungs-Idee nach dorthin transportierte."

Transportierte? Erfand? Weiterentwickelte? Der Sternenhimmelstuermer will hier keine Glaubensfrage daraus machen....

Also ist die Herkunft der großen Arkana gar nicht so unbekannt, wurde aber lieber in den meisten Abhandlungen im Internet auf den großartigen unbekannten Künstler zurückgeführt - was laut Wiki keinen Bestand hat. Die männliche Variante ging dann eher verloren - Zitat o. a. Wiki: "Der Maler ist bekannt: Michelino da Besozzo, den manche seiner Zeitgenossen für den besten Maler ihrer Zeit hielten. Das Spiel selbst ist verloren". Hm, wäre interessant dieses "Tarot" zu sehen, dass sich wohl an den patriarchischen griechischen Götterweltbild orientierte - das wäre für den emanzipatorischen Ansatz eher ein Rückschlag - aber die Männerwelt wäre in keiner Weise berührt. Und das hält der Sternenhimmelstuermer für diese Zeit typisch. Warum sollte die "Weiterentwicklung" eines Mannes anders aussehen?

Dieser Umschwung war mutig. Ein etablierter Maler bekam eine Gegenalternative vorgesetzt und die wahr so gut, dass Sie mit Leichtigkeit die Vorlage für alle Tarots bildete, während die bestimmt künstlerisch hochwertige Alternative im Laufe der Geschichte verloren ging. Nicht falsch verstehen, die Geschlechter sollen hier nicht gegeneinander ausgespielt werden, aber deshalb sollte nicht der eine Teil in Vergessenheit geraten, wie es heute gerne praktiziert wird und das Tarot nur in Halbsätzen auf Frauen zurückgeführt wird.

Das hat System und ist in der weiteren Geschichte des Tarots nicht verwunderlich. Abgesehen von Frau Lemont fühlten sich nun dem "Verkaufsschlager Kartenspiel" die esoterischen Männer dazu berufen, die Herrschaft über die Interpretation des Tarots zu übernehmen.

Egal ob Eliphias Levi...Crowley oder Waite. Alle Männer bedienten sich eher teilweisen frauenfeindlichen Bildern - egal ob aus der Astrologie, der Alchemie oder der Kabbala. Es ist eher ein Wunder, dass das Tarot in seiner ursprünglichen Idee über die Jahrhunderte erhalten blieb - als einer friedlichen und gleichberechtigten Festung gegen die Unterdrückung von Mann und Frau -  und dieses bereits Jahrhunderte vor jeglicher Frauenbewegung und Emanzipation. Frauen wie Lemont sind bis zum heutigen Tage unvergessen. Diese verließen sich auf ihre Intuition - etwas, was auf dieser Homepage immer wieder gepredigt wird. Benutzt die Weisheit der verschiedenen Denksysteme - nehmt das Beste aus Ihnen heraus und bildet daraus Euer Weltbild und nutzt dieses zum Wohle der Menschheit...

Ein letzter Gedankensprung, bevor der Sternenhimmelstuermer konkret über die einzelnen Karten philosophieren wird. Ironie des Schicksals: Alle heute verbreiteten großen Tarots wurden inspiriert von "weisen Männern" und von Frauen gezeichnet: Im Falle von Crowley: Lady Frieda Harris und im Falle von Rider Waite: Pamela Colman Smith. Die Männernamen sind allen Tarotkartenleger bekannt. Und wer hauchte den Bildern leben ein?

Nachtrag 20.03.2010

Der Sternenhimmelstuermer entdeckte auf der Seite der Astroelfe doch eine ziemlich interessante Seite, die die Biografie von Pamela Colman Smith beleuchtet. Demnach ist es gar nicht gewiss, dass Sie auf Anleitung von A. E. Waite das Tarot entwickelte...das dürfte für viele arrogante männliche Tarotkartenleger und Experten eher ein Schlag ins Gesicht sein, die die Künstlerinnen in Nebensätzen als Ausführungsgehilfinnen beschrieben haben. Mea Culpa - Der Sternenhimmelstuermer hätte vielleicht besser recherchieren sollen. Andererseits schreibt der Sternenhimmelstuermer eher aus seiner Intuition heraus - wenn diese Abhandlung als Impuls für eine andere Sichtweise der Geschichte dient, dann reicht das total... 

Wie Sie im o. a. Link in Wikipedia ersehen können, ist die Theorie des Sternenhimmelstuermers eigentlich keine Theorie, sondern im Gegensatz zur Päpstin scheinbar historisch dokumentiert. Der Sternenhimmelstuermer ist kein Profiler, aber die großen Arkana weisen doch viele weibliche Züge auf. Warum sollte ein Mann an dem damals gängigen System dermaßen Kritik üben?

So gesehen hat Tarot vielleicht die Päpstin Johanna in Form einer Karte unsterblich gemacht - noch Fragen über Sinn des Tarots und seine weibliche Tradition? 

Die ersten nummerierten Karten I - IV werden gleichberechtigt als Mann und Frau dargestellt: Magier - Hohepriesterin , Herrscherin - Herrscher.  Damals beriefen sich Menschen auf die Karte "Päpstin (im Tarot de Marseille)" , um das Tarot als versteckte Andeutung auf einen weiblichen Papst auszulegen.

Die Hohepriesterin (im Tarot de Marseille) und Magier sind die Karten I und II - der männliche und weibliche Impuls. Dann kommt Herrscherin und Herrscher. Mit dem Papst und den Liebenden wird ein neues Kapitel aufgeschlagen...

Nur das älteste Tarot de Marseille verwendet den Begriff Papst  für Karte V (und das des Sternenhimmelstuermers Pontifex) und La Papesse (Päpstin) für die Karte II, obwohl das ja älter als die anderen Tarots ist.... Ansonsten ist es eher in den heute gängigen Tarotkarten eher der Hierophant, was der Sternenhimmelstuermer aus historischer Sicht bezweifelt und sich eher am älteren Tarot de Marseille orientiert....

Wie dem auch sei, Papst und die Liebenden sind ein Pärchen, dass unbedingt zusammengehört...Na ja, zwei Frauen und ein Mann im weltlichen Leben mit voller Freiheit und der freien Entscheidung versus einem Mann, der die autoritäre Religion und Weisheit verkörpert - Hm, in der klassischen Deutung der Liebenden wählt ein junger Mann symbolisch gesehen zwischen zwei Frauen. Elternhaus versus Eigenständigkeit mit Frau? Lilith versus Eva? Mal umgekehrt zu denken, wäre eine interessante Sache: Vielleicht ist ja in der ursprünglichen Idee der Mann Subjekt der Entscheidung und die Wahlmöglichkeit der Frauen, so nach dem Prinzip: alt werden ohne Mann oder sich in der Jugend für einen Mann entscheiden..

Vor dem Papst Hingegen verneigen sich die Adepten.

Aus damaliger Sicht ist die Trennung von weltlichen Belangen und der Religion ganz schön mutig. Die Maxime "Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist und dem Papst, was Gottes ist", war zu dieser Zeit nicht unbedingt so selbstverständlich. Der Spruch von Jesus Christus "Mein Reich ist nicht von dieser Welt" war schon seit vier Jahrhunderten - mit dem Gang nach Canossa "begraben" - egal ob Wahrheit oder mystische Legende der papstgetreuen...      

Weiter geht es mit dem Wagen und der Kraft (jedenfalls nach Crowley, die bekanntlich durch eine Frau symbolisiert wird, die je nach Tarot ein Tier bezwingt).. Danach geht es dann in nicht mehr männlichen und weiblichen Symbolen weiter.
Das geht dann so bis zur Welt - der Karte XXI.

Ausnahme: Beim Teufel (Karte XV) stehen wieder Frau und Mann gleichberechtigt im wahrsten Sinne des Wortes "gefesselt" vor dem Teufel. Als Motiv wurde hier sicherlich bewusst nicht der Sündenfall aus der Bibel dargestellt ( Die Frau also als schuldige Person für den Sündenfall und als Gottes Strafe Ihre Unterdrückung durch den Mann). Das ist wirklich aus damaliger Sicht progressiv beide Geschlechter als "gleich sündig" darzustellen!

Für den Sternenhimmelstuermer sind Narr und die Welt Alpha und Omega. Die Position des Narren kann bekanntlich 0 oder 22 annehmen - Weit voneinander entfernt oder dicht beieinander - wie im Leben. Hier herrschte ein Glaubenskrieg.

Der Narr war - außer im Karneval - die typisch männliche Figur. So wird er im Tarot gerne als Parzival dargestellt. Die Interpretation des Narren ist leider so vielschichtig, dass Sie in dieser eher kurzen Abhandlung außen vor gelassen wird.

Die Welt hingegen ist im traditionellen Tarot immer eine fast unbekleidete Frau, umgeben von vier Engeln (Engel sind geschlechtslos) - obwohl die Namen der vier Erzengel (und des gefallenen Engels) immer männlich sind.

Die Welt steht für den Sternenhimmelstuermer ein wenig für die Weltoffenheit und die Engel sind eher wie ein unsichtbarer Käfig mit der Botschaft - hier hört für die Frau die Freiheit auf! Aus damaliger Sicht stimmt diese Interpretation - das ist keine Blasphemie, sondern eine Kritik an der damaligen "Genderpolitik". Die Frau als Lustobjekt auf einer Schaukel, umgeben von vier Engeln mit Männernamen....

Der Narr und die Welt - ein schönes Pärchen. Vielleicht auch, weil der Narr nicht sieht, dass Frau und Mann in Ihrer Dualität nur wieder die berühmten zwei Seiten einer Medaille sind - der Menschheit eben. Zusammen bilden Sie eine Einheit...und das wäre doch eigentlich ein schönes Ende dieser Abhandlung? Wenn der Narr nicht von der Welt getrennt worden wär und als einsamer Streiter in heutigen Kartenspielen sich als Joker durchgesetzt hätte...

Lustig: Das Tiertarot des Sternenhimmelstuermers wurde von einem Mann entworfen und zusammengestellt. Dann traf der Sternenhimmelstuermer eine geschäftstüchtige Frau, die nebenbei in kurzer Zeit tolle Zeichnungen entwerfen konnte, aber sich vorher niemals mit Tarot beschäftigte. Ihr Einfluss ist in vielen Zeichnungen der kleinen und großen Arkana zu betrachten. Das Tiertarot des Sternenhimmelstuermers wird wahrscheinlich nie so berühmt wie die o. a. Spiele, es folgt jedoch der Tradition des Tarots und dem Gedanken - Frau und Mann - der eine kommt ohne die andere nicht aus.

Interessant war auch, dass wir (o. a. Frau und der Sternenhimmelstuermer) bei der Erstellung einer Broschüre für das Tiertarot bei der Beschreibung der astrologischen Bedeutungen der Planeten bei der Frage: "was sind typisch männliche oder weibliche Eigenschaften?" lange diskutierten. In der Astrologie sind noch ganz schön viele (Frauen diskriminierende) Elemente, da deren Eigenschaften Spiegelbild der männlichen Geschichten und Mythen waren und sind...

Und das Fazit für Sie ?

Der Sternenhimmelstuermer ist in seinem männergeprägten esoterischen Weltbild leider sehr unflexibel und wird es bei dieser einen Abhandlung belassen. Dieses ist somit eher eine Impulsabhandlung.

Für Frauen war und ist Tarot umgekehrt ein Tummelplatz, wo Sie sich als Künstlerinnen in einem geschützten esoterischen Umfeld profilieren konnten und können. Während Michelangelo seine Graffitis in sämtlichen Kirchen malen durfte, war dieses Frauen verwehrt.
Eine Menstruation einer Malerin in einer Kirche wäre wohl für die Katholiken undenkbar gewesen - dürfen Frauen eigentlich heute während Ihrer Menstruationszeit am Sonntag in die katholische Kirche? - der Sternenhimmelstuermer kennt sich da so nicht aus - er ist Protestant.

Schade, dass nur der Name der letzten beiden Frauen, die Tarotkarten zeichneten, in der Historie eindeutig belegt sind.

Das die Päpstin ihren einzigen Beleg im Tarot de Marseille erfährt ist doch genial!

Ihre Aufgabe ist es die Polarität in der Deutung zu erhalten, aber bitte nicht unbedingt einseitig mit den traditionellen Legesystemen und Deutungen der Männer, ihren Mythen und Märchen.

So bleibt es den jüngeren Tarotkatenlegern und Tarotkartenlegerinnen überlassen, die Diskussion um männliche und weibliche Werte zu führen, ohne das Gesetz der Polarität zu verletzen - eine wirklich schwierige Aufgabe.  

Ihre Interpretation und die Divination wird sich dadurch verbessern! In wie weit Sie die anderen Einflüsse auf das Tarot berücksichtigen, bleibt Ihnen überlassen. Nicht alles, was von Männern erfunden wurde, ist deshalb auch automatisch schlecht!

Der Sternenhimmelstuermer kennt viele weibliche Internetseiten im Bereich der Mythologie und des Tarots. Er weiß, dass das Legen von Kartenlegerinnen in der Regel ein wenig anders ist. Mehr Intuition, weniger theoretischer Ballast. Und schon ist der Sternenhimmelstuermer wieder bei Vorurteilen angelangt...Im Gegensatz zu früher können Frauen aber nun Lesen, Schreiben und ohne Angst vor Repressionen neue Ideen entwickeln...

Entwickeln Sie Ihr Welt-(Karte XXI)-bild. Nehmen Sie das beste heraus und bleiben Sie kritisch...am Ende - vertrauen Sie Ihrer Intuition oder wie Goethe es sagte: "Grau, teurer Freund, ist alle Theorie...Und grün des Lebens goldner Baum." - Faust I,

Nachtrag 26.11.2009

Der Sternenhimmelstuermer thematisierte in seinem weltlichen Leben die Frauenfrage und philosophierte sinngemäß darüber, dass männliche Kinder in Kindergarten es ja ein weinig schwerer hätten, da sie keine männliche Identifikationsfigur bei den überwiegend weiblichen Erzieherinnen haben.

Die weibliche Antwort einer Mitarbeiterin: " Dann siehst Du ja, wie schwer es Frauen früher in einer männergeprägten Kultur hatten. Wer fragte damals, ob Frauen  damals mit fast nur männlichen Identifikationsbildern Problemen hatten?" . Der Satz ist jetzt ein wenig verkürzt dargestellt aus einer umfassenderen Antwort.

Mea culpa, der Sternenhimmelstuermer gibt gerne zu, dass er sich in der Frage Gleichberechtigung aus seinem männlichen Weltbild heraus ein wenig schwer tut, aber keine Sorge, die nächste Generation wird das schon machen!
Frauen erlangen immer mehr wichtige politische Ämter, schreiben Geschichte und das wird sich auch immer mehr in der Rhetorik, den Geschichtsbüchern und der Kultur niederschlagen. Revolution durch Evolution. Mit neuen Legenden und Mythen für eine gleichberechtigte Welt und einer neuen weiblichen Identität.


   
 
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